Am 16. Dezember trafen wir nach über 8 Monaten auf meine Familie – Aline und Franz hatten eine knappe Woche zuvor entschieden Weihnachten mit uns zu verbringen und sich in den Iran aufzumachen. Nachdem Martin und ich bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei „Weihnachtsstress“ verspürt hatten, kam dieser nun doch etwas auf 😉
In Anschluss an zwei Tage, die die beiden bereits in Teheran verbracht hatten, fand unser Wiedersehen am 16. Dezember am Flughafen in Shiraz statt. Wir verbrachten drei Tage in der Stadt und neben dem Besichtigen einiger Sehenswürdigkeiten wie dem Grab des wohl berühmtesten Dichters des Landes Hafis (den im Übrigen auch Goethe sehr gerne gelesen hat), nutzten wir die Zeit um bei leckerem Essen, Tee oder frischgepresstem Granatapfelsaft zu reden und die gemeinsame Zeit zu genießen. Während die beiden in einem sehr zentralen Hostel übernachteten, hatten wir unser Quartier im Garten eines 6km entfernten Hotels aufgeschlagen, da die engen Gassen der Altstadt mit dem Hänger schwierig zu durchfahren waren. Hier trafen wir auch wieder auf Anna und die Radfahrerin Violet, nachdem wir uns zuletzt in Bukhara gesehen hatten. Da Shiraz momentan eine absolute Baustelle ist und man die Straßenführung zudem als katastrophal bezeichnen kann, wurden aus den eigentlich nur 6km Entfernung zwischen unseren Übernachtungspunkten ganze 20km einfache Strecke. Hinzu kam, dass wir innerhalb der Stadt kaum eine Möglichkeit hatten mit Emma spazieren zu gehen, sodass wir morgens zunächst aus der Stadt fuhren, um Emma auszupowern. So blendend sauber die Innenstädte der großen und bekannten Städte im Iran auch sind, so unglaublich vermüllt und dreckig sind die Außenbezirke, ganz zu schweigen von kleineren Dörfern und den Straßen- und Feldrändern. Nach der Mongolei ist der Iran damit leider das wohl dreckigste Land unserer bisherigen Reise.








Bei strahlendem Sonnenschein verließen wir die Stadt mit zwei Autos in Richtung Persepolis – der alten „Stadt der Perser“. Aline und Franz hatten für die restliche Zeit der Reise einen Mietwagen organisiert, der das gemeinsame Reisen deutlich vereinfacht hat. Angekommen an einer der Hauptattraktionen des Landes nutzten wir den Nachmittag um das riesige und beeindruckende Areal zu erkunden, bevor das Abendlicht die Anlage noch glanzvoller erscheinen ließ. Persepolis war ursprünglich eine Palastanlage an den Ausläufern des Berges Kuh-e Ramat. So finden sich nach mühsamen Ausgrabungsarbeiten in den 20er und 30er Jahren hier Überreste mehrerer einzelner Palastanlagen, Reliefs und Gräber. Während die beiden in einem naheliegenden Hotel übernachteten, campten wir am Fuße von Persepolis. Nachdem wir die letzten Tage die kulinarischen Möglichkeiten einer Metropole wie Shiraz ausgereizt hatten, war es auch wieder schön am Abend gemeinsam im Hänger zu essen. Die Polizei stattete uns dabei einen kurzen Besuch ab und staunte nach einem Blick ins Innere des Hängers nicht schlecht als sie uns Vier inklusive Emma erblickte. Die üblichen Fragen: woher wir kommen und was wir hier genau machen, waren schnell beantwortet und die beiden Polizisten hießen uns freundlich Willkommen.

Am nächsten Morgen fuhren wir zu den nur wenige Kilometern entfernten Felsgräbern Naqsh-e Rostam bevor wir uns nach Yazd aufmachten. Uns hatte es dort so gut gefallen, dass wir die Stadt unbedingt nochmals mit Aline und Franz besuchen und zudem dort unsere Visa verlängern wollten. Das Internet ist dabei voller Tipps, in welcher Stadt das Verlängern am einfachsten und schnellsten (wenige Stunden bis zu mehreren Tagen) ist, wo man am besten nicht in iranischer Begleitung erscheinen sollte, wo es für Radfahrer am leichtesten ist oder auch wo man nur am letzten Tag des aktuellen Visum’s auftauchen sollte, um überhaupt eine Verlängerung zu bekommen… kurzum: wir waren etwas nervös als wir am 20. Dezember und damit zwei Tage vor Ablauf unserer aktuellen Visa um kurz vor acht bei der Migrationspolizei von Yazd standen. Der Eingang war unübersehbar, denn es warteten bereits viele Afghanis vor dem noch verschlossenen Tor. Wenige Minuten später öffnete sich die Tür und ein Polizist blickte auf die Menschenmasse vor dem Gebäude – als sein Blick uns traf, winkte er uns heran und wir gingen an allen wartenden Afghanis vorbei in das Gebäude. Es fühlte sich alles andere als gut an hier bevorzugt behandelt zu werden, auch in Hinblick darauf, dass viele der Männer nur Sandalen und die typischen weiten und bunten Hosen trugen und es um diese Uhrzeit noch eisig kalt war. Im Gebäude angekommen, fragten wir uns nach einem Herren durch, von dem wir gelesen hatten, dass er Englisch spricht und sehr hilfsbereit sei. Kurz darauf begrüßte er uns herzlich und erklärte uns die notwendigen Schritte zur Visaverlängerung, all das mit dem wohl besten Englisch, das wir in Iran erlebt haben. Die Tatsache, dass ich nur Passbilder ohne Kopftuch hatte, wurde nach kurzem Hin-und Her auch abgenickt – auch wenn er betonte, dass das prinzipiell natürlich nicht in Ordnung sei. So machten wir uns nach wenigen Minuten auf den Weg zur nahegelegenen Bank, um dort das notwendige Geld einzuzahlen (etwa 20€ für uns beide) und mit den Belegen zurück zur Polizei zu gehen. Unterwegs fanden wir anhand wartender Afghanis auch den Copyshop, bei dem wir mehrere Kopien der Unterlagen machen lassen mussten. Zurück bei der Polizei füllten wir die weiteren Unterlagen aus und wurden schon nach kurzer Zeit in das Büro des Herren gerufen. Schnell stellten wir fest, dass er hier das Sagen hat. Wir mussten einige Fragen hinsichtlich unserer Jobs, unseres Aufenthalts und natürlich in Bezug auf die Begründung der Verlängerung beantworten, bevor wir vor seinem Schreibtisch saßen und warteten. Unterdessen kamen immer wieder Afghanis ins Büro, manche wurden herein gerufen, andere kamen einfach verzweifelt herein und es war schlimm mitzuerleben, wie er auf der einen Seite einen nach dem anderen abblitzen ließ und die Afghanis auf der anderen Seite sich offensichtlich nicht mehr zu helfen wussten und anfingen um die Verlängerung ihrer Visa zu flehen. Zwischendurch fragte er uns, wie Deutschland die aktuelle Flüchtlingssituation behandelt und was wir von den afghanischen Flüchtlingen hielten. Wir fühlten uns immer unwohler angesichts der Situation und als er demonstrativ Luftspray verteilte und lachend sagte, dass die Afghanis so schlecht riechen würden, hätten wir das Büro am liebsten verlassen. So unglaublich gastfreundlich die Iranis vor allem uns Deutschen aber auch anderen Europäern gegenüber sind, so offensichtlich rassistisch sind viele gegenüber ihres Erachtens „minderwertigen Völkern“. Skurril war es, als die Polizisten anfingen von der aktuellsten Folge „Cobra 11“ zu sprechen, eine der wenigen westlichen Sendungen, die im öffentlichen iranischen Fernsehen ausgestrahlt wird und die Wahrnehmung Deutschlands maßgeblich prägt. Sie fragten uns, ob die Polizei in Deutschland tatsächlich so mit ihren Autos umgehen darf, in Iran wäre das nicht möglich 😉 Es dauerte noch einige Minuten bis wir nach Begleichen der Bearbeitungsgebühr unsere Pässe inklusive der 4-wöchigen Verlängerung in der Hand hielten, uns bedankten und das Gebäude schnellstmöglich verließen.
Die restlichen Tage in Yazd verbrachten wir ganz entspannt und Aline und Franz kamen auch einen Tag zu unserem Stellplatz außerhalb der Stadt gefahren, wo wir in der Wüste spazieren konnten, mit Emma spielten, gemeinsam kochten und Wikingerschach spielten.







Zwei Tage vor Weihnachten fuhren wir nach Nain, eine kleine Stadt, die vor allem für ihre Teppiche und ihre Textilien bekannt ist, und übernachteten im Nain Inn, das Franz noch aus seiner Zeit im Iran kannte.





Am 23. Dezember kehrten wir in einem Wüstendorf zwischen Nain und Isfahan ein, wo wir Weihnachten verbringen wollten. Wir übernachteten im Tak Taku Guesthouse (als „Tak Taku“ bezeichnet man die für die Geschlechter unterschiedlich gemachten Türgriffe) und fühlten uns sofort heimisch. Das Guesthouse ist wunderschön und wurde liebevoll und detailverliebt renoviert. Wir machten noch einen Spaziergang und verbrachten die Zeit nach dem Abendessen im „Feuerzimmer“ gemeinsam mit der Familie von Mohammad, dem Guesthouse-Besitzer und den anderen Gästen. Super war es auch, dass wir im Inneren des Gebäudes keine Kopftücher tragen mussten – die reinste Wohltat! Auf dem offenen Feuer in einer Ecke des Raumes bereiteten wir gegrillte Rüben und Kartoffeln zu, dazu gab es neben interessanten und lustigen Gesprächen auch Tee und Shisha. Das Essen im Guesthouse wurde von Mohammad’s Mutter zubereitet und war unglaublich lecker – wir hatten zuvor Bescheid gegeben, dass wir vegetarisch essen möchten und da Mohammad selbst keine Eier und kein Käse mag (was nicht sehr typisch für Iran ist ;-)) war auch alles vegan. Gegessen haben wir immer gemeinsam mit der kompletten Familie und allen Gästen und Freunden des Besitzers auf dem Küchenboden. Den Weihnachtsmorgen starteten wir mit einem Spaziergang zu einem nahe gelegenen Berg, bevor wir uns nach dem Frühstück zu den ca. 70km entfernten Varzaneh Dünen aufmachten. Anschließend fuhren wir durch Wetlands an einem Salzsee vorbei zu einer leider fast komplett zerfallenen Karawanserei, bevor wir am späten Nachmittag wieder zurück im Guesthouse waren. Nach dem Abendessen zogen wir uns in das Zimmer von Aline und Franz zurück, wo erstmalig Weihnachtsstimmung aufkam und unsere Bescherung stattfand 😉 Emma war die ganze Zeit über im Auto und vor Mohammad’s Eltern durften wir auch nicht erwähnen, dass wir einen Hund dabei haben – er sagte uns sie seien schon so alt und ein Hund wäre einfach zu viel für die beiden. Der kulturelle Austausch über das Halten von Hunden, den wir uns erhofft hatten, war bis zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht eingetreten…;-) Nachdem wir mit Martin’s Familie geskyped hatten, verbrachten wir den restlichen Abend gemeinsam mit den anderen Gästen und der Familie im Feuerzimmer.
Am nächsten Morgen gab es noch ein Weihnachtsgeschenk für den Toyo – Ölwechsel bei einem Kumpel von Mohammad. Dann fuhren wir weiter nach Isfahan, wo wir die letzten gemeinsamen Tage bis zum 28. Dezember verbrachten.









Die Stadt Isfahan ist sicherlich der Inbegriff der persischen Hochkultur, Touristenmagnet und bietet eine Vielzahl an Sehenswürdigkeiten: von Parks, Museen (darunter das einzig private Museum des Landes – das Musikmuseum) und Moscheen bis hin zum riesigen und größtenteils überdachten Bazar. Besonders beeindruckend fanden wir den Meydan-e Imam Platz, der auf dem riesigen Innenbereich nicht nur Teile des Bazars, sondern auch kleine Cafés und natürlich Moscheen beherbergt. Unbedingt erwähnen wollen wir auch das armenische Viertel New Jolfa, das uns sehr gut gefallen hat. Dort haben wir dann auch völlig ungeplant alle einen Teppich gekauft – aber Iran ohne einen Perserteppich zu verlassen wäre auch undenkbar…













Vollbepackt mit Pistazien, Datteln, Safran und weiteren Gewürzen, Süßigkeiten und mit unzähligen Fotos verabschiedeten wir Aline und Franz am späten Abend des 28. Dezembers und die beiden fuhren mit dem Bus zurück nach Teheran, um von dort den Flieger nach Deutschland zu nehmen.
Wir fanden es toll zwei Wochen gemeinsam mit euch in diesem besonderen Land unterwegs gewesen zu sein und viele tolle Momente geteilt zu haben. MERCI!
Hallo ihr Lieben,
schon allein das Titelfoto ist außergewöhnlich schön. Ihr habt uns den Iran sehr nahe gebracht und viele Vorurteile ausgeräumt. Wir könnten uns vorstellen dieses Land auch einmal zu bereisen.
….ein Flieger der Herzen fallen lässt, wunderschön, ein Badehaus als Restaurant, mal was Anderes, ein Korsi für warme Füße, …..sehr sehr schöne Bilder.
Wir denken an euch!
Sylvia und Hartmut
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Toller Bericht. Insbesondere Nain gefällt mir, was ich damals ausgelassen habe. Und auch die Bilder der Wüste sind genial!
VG
Olli
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Danke dir Olli!
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