Norwegen – wie wir es erlebt haben

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Eines vorweg: wir sind in der Zwischenzeit gut in Russland angekommen und aktuell im schönen Karelien unterwegs, aber dazu in Kürze mehr!

Nach acht wunderbaren Wochen in Norwegen haben wir einige unserer ganz persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse zusammengefasst. Dass wir zurückkommen wollen, steht schon mal fest! Nur werden wir uns dafür auf die Sommermonate konzentrieren, um vor allem die Umrundung des Hardangerjøkulen, die Durchquerung der Hardangervidda mit dem Zelt und Jotunheimen angehen zu können. Aber auch eine Tour im Winter würde uns reizen. Wir freuen uns jetzt schon drauf!

Die Menschen
Wir sind sehr offenen, freundlichen und hilfsbereiten Norwegern begegnet, auch wenn das eher nach Standardfloskeln klingen mag. Aber aus vielen Schweden-Urlauben war uns ein eher distanziertes, zurückhaltendes Verhalten bekannt, weshalb es uns so deutlich aufgefallen ist. Dadurch das die Norweger selbst so gerne und viel campen, wurden wir oftmals neugierig auf unser Gespann angesprochen – auf dem Campingplatz sowieso, aber auch beim Tanken oder während der Parkplatzsuche. Häufig war auch Emma ein Eisbrecher, wenn es um Gespräche mit den Einheimischen ging – dazu mehr unter „Mit Hund unterwegs“. Hervorragend sind die Englisch-Kenntnisse aller Norweger, die jederzeit entspannte Unterhaltungen ermöglichen – auch Deutsch ist relativ weit verbreitet. Die Norweger gehören zu den glücklichsten Völkern der Welt – und wir finden, dass man das auch spürt und es sich auf die Reisenden überträgt.

Das Essen
Wenn man Fisch und Meeresfrüchte mag, gibt es schier unzählige Möglichkeiten diese (fast) fangfrisch genießen zu können. Da uns beiden das nicht auf den Teller kommt und auch sonst kein Fleisch, begrenzt das den Genuss landestypischer Gerichte. Über das „fehlende“ gute Brot haben uns selbst gemachtes Stockbrot, eine Vielzahl an Knäckebrotsorten und Zimtschnecken (auch vegane) hinweg getröstet. Die Norweger mögen es gerne süß und so griffen wir anfangs häufig zum „falschen“ Brot, das voller Zucker und Sirup ist. Begeistert wiederum waren wir davon, dass es hier vegane, gesalzene (!!!) Butter gibt, die wir in Deutschland noch vermissen. Mehrmals haben wir auch veganen Käse im Kühlregal gesehen, bei Preisen ab EUR 5 aufwärts dann aber doch meist links liegen gelassen. Ausgeprägter geht’s hier bei der Auswahl an glutenfreien Produkten zu, die jeder Supermarkt führt. In der Regel befanden sich dort dann auch vegane Produkte – die nicht immer als solche gekennzeichnet waren – sodass es uns an Schokoaufstrichen, Keksen, Milch, Yoghurt etc. nicht mangelte. Auch die schwedische Marke Oatly (die ebenfalls in Deutschland erhältlich ist), die für vegane Bio-Produkte wie Milch, Aufstriche und Yoghurt auf Haferbasis bekannt ist, steht in fast jedem Supermarkt im Regal. Die Obst und Gemüseauswahl gleicht der in Deutschland, nur dass man meist deutlich mehr als für Bio-Ware bei uns bezahlen muss. Um das gesunde Essen zu komplettieren, gibt es dann noch eine gemein große Auswahl an richtig guten Kartoffelchips und an jeder Ecke wahnsinnig leckere Röstzwiebeln, die jedes Gericht aufwerten.
Eingekauft haben wir in verschiedenen Supermärkten wie Coop in unterschiedlichen Ausführungen, Kiwi oder Rema1000 (woher dieser herausragende Name kommt konnte uns leider noch niemand sagen, klingt eher nach Raumfahrtprogramm, Standmixer oder Staubsauger), wobei allen gemein die langen Öffnungszeiten sind: meist 7 – 23 Uhr, teilweise auch sonntags und das selbst in den kleinsten Ortschaften. Und Wifi gibt’s ebenfalls im Supermarkt – was man eben so braucht neben den alltäglichen Einkäufen. Einen Bioladen haben wir leider nur in Bergen gefunden („Kinsarvik“) und dort gut aufgestockt, ebenfalls in Bergen (aber auch in Oslo) gab es eine Öko-Bäckereikette „Godt brod“. Abgesehen davon gibt es leider kaum Bioprodukte außer ein paar Eigenmarken in den Supermärkten.
Wir haben überwiegend selbst gekocht, aus Kostengründen, aber auch weil der Ruf des eigenen Lagerfeuers oder unserer „Küche“ im Trailer einfach lauter war. Cafe-Besuche ausgeschlossen, denn die norwegische Kaffee-Kultur gefällt uns einfach wahnsinnig gut und unsere French Press zaubert nicht so eine schöne Crema.

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Zimtschneckenzeit!

 

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Einsamer veganer Käse…

Die Campingmöglichkeiten
Ein Traum – anders kann man es nicht sagen! Trotz einer Vielzahl an Campingplätzen haben wir doch meist die „wilden“ Stellplätze bevorzugt und sind nur gelegentlich, z.B. um Wäsche zu waschen, mal wieder warm zu duschen oder weil es in den größeren Städten nicht anders ging, auf einen Campingplatz gefahren. Meist waren wir umringt von Norwegern, die, wie wir erfahren haben, häufig das Wochenende mit Freunden auf dem Campingplatz verbringen. Nachdem es vor einigen Jahren vermehrt dazu kam, dass Camper ihre Chemietoiletten in der Natur „entsorgten“, hat Norwegen ein großflächiges Netz an Entsorgungsmöglichkeiten über das komplette Land verteilt. Dort gibt es auch immer die Möglichkeit die Frischwasser-Reserven aufzufüllen. Und unabhängig davon, ob sich diese Stationen am Straßenrand oder integriert auf einem Campingplatz befinden, darf man sie jederzeit kostenfrei in Anspruch nehmen. Alternativ haben wir auch See- oder Flusswasser „getankt“ und dabei die ein oder andere Kaulquappe für kurze Zeit „beherbergt“.
Das Jedermannsrecht, das in ganz Skandinavien gilt, hat uns viele Möglichkeiten eröffnet die schönsten Camps zu finden. Unter der Voraussetzung, die Natur nicht zu beschädigen und keinen Müll zurückzulassen, darf man hier fast überall campen. Dabei muss man einen gewissen Abstand zu Wohnhäusern einhalten und natürlich den Grundstücksbesitzer um Erlaubnis fragen, falls man auf einem offensichtlichen Grundstück stehen sollte. Einzig auf den Lofoten war es nicht ganz so einfach Stellplätze zu finden. Viele Straßen schmiegen sich entlang der Bergketten, sodass es häufig keine Möglichkeiten gibt von der Straße wegzukommen. Dementsprechend haben wir das ein oder andere Mal länger gesucht, wobei es sich schlussendlich immer gelohnt hat, man muss nur geduldig sein.

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Die Straßen
Diesen Punkt kann man unter „Perfekt“ ziemlich schnell zusammenfassen. Auffallend ist, dass offensichtlich seit den 70er Jahren viele Petro-Dollar in den Straßenbau geflossen sind, sodass selbst abgelegene Buchten mit vielleicht 100 Einwohnern einen eigenen Tunnel als Zufahrt haben und es wirklich außergewöhnliche Brücken-Konstruktionen zu bewundern gibt. Auch die Tunnel sind abgefahren: mal leiten sie bis zu 200m unter dem Meer hindurch, mal sind sie in verschiedenen Farben beleuchtet und führen durch mehrere große Kreisverkehre unter der Erde. Auch an die Fahrradfahrer wurde beim Graben gedacht: so gibt es Tunnel an deren Eingang man einen Knopf drückt, sodass die Autofahrer mit einem Lichtsignal auf den Radler aufmerksam gemacht werden oder zu Beginn des Tunnels finden sich Warnwesten, die man dann am Ende des Tunnels wieder ablegen kann und und und….
Für manche Straßenabschnitte muss man Maut bezahlen: entweder meldet man das eigene Fahrzeug im Internet mit den Kreditkartendaten an oder bekommt die Rechnungen per Post nachgeschickt. Also ziemlich komfortabel. Für ausgedehnte Offroad- oder Pistenfahrten haben wir leider wenig Gelegenheiten gefunden, da wie oben erwähnt, das Straßennetz selbst bis in den hintersten Winkel sehr gut ist und die Pisten abseits der Strassen häufig Privat-Grundstücke sind. Aber für die Stellplatz-Suche waren Allrad-Antrieb und Untersetzung mehr als einmal hilfreich.

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Wenn man nicht ganz sicher ist, ob man die guten Straßen noch richtigt sieht, hilft ein kurzer Test

Die Kosten
Die hohen Lebenshaltungskosten Norwegens sind sicherlich hinlänglich bekannt. Wir haben für einen Liter Diesel zwischen EUR 1,40 – EUR 1,50 bezahlt, Campingplätze haben uns zwischen EUR 25 und EUR 35 pro Nacht gekostet, hinzu kamen Extrakosten fürs Duschen und z.B. Wäsche waschen, teils über EUR 10 pro Maschine und das ohne Trockner. Fährüberfahrten waren wegen unserer Überlänge auch ziemlich teuer, meist mehr als das Doppelte als für ein normales Fahrzeug bis 6m, ein Café Crema oder ein Bier kosten zwischen EUR 3 und 4, Flaschenbier ist nochmal teurer. Dennoch kann man mit einem guten Lebensmittelvorrat aus Deutschland und überwiegender Selbstversorgung mit einem akzeptablen Budget unterwegs sein.

 

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Wie man 17,25€ anlegen kann…

Mit Hund unterwegs
Mit Hund in Norwegen unterwegs zu sein, ist gar kein Problem. Viele Menschen (häufig Mama’s mit ihren Kindern) sind auf uns zugekommen und haben Emma gestreichelt – manchmal auch ohne zu fragen, was bei Emma zum Glück kein Problem ist. So sind wir mit vielen Norwegern ins Gespräch gekommen. Auf Wandertouren wurden wir gefragt, wie der Weg für Emma war und sie wurde gelobt, gestreichelt und angelächelt – sprich: als Hund in Norwegen muss man sich keine Sorgen um das eigene Wohlergehen machen, alle sind aufmerksam und wollen sich kümmern 😉
Nur bei den Restaurants oder Cafés gibt es landesweit keine Möglichkeit einen Hund mitzunehmen, so wie wir es aus Deutschland kennen. Aber wenn man das weiß, ist es ja auch kein Problem und dafür sind Hunde zum Beispiel in Bussen, Zügen oder S-Bahnen erlaubt. Auch da hat Emma immer wieder für Gespräche gesorgt, wenn sie sich ausgiebig gerollt und gestreckt hat und dann auf dem Rücken liegend die Fahrt verbracht hat.
In Bergen war einmal noch ein weiterer Hund mit uns im Bus, dem es leider gar nicht gut ging und der sich übergeben musste: alle blieben seelenruhig, es gab kein Gemecker und es wurde einfach alles aufgewischt und weiter ging’s – alles sehr entspannt und tolerant. Mit der Leinenpflicht nimmt man es aber sehr ernst, sodass wir im Wald, an einsamen Stränden oder auf Wanderwegen fast ausschließlich angeleinten Hunden begegnet sind, dann meist mit Schleppleine. Verwundert waren wir nur als bei der vierstündigen Überfahrt zu den Lofoten keine Hunde an Deck (auch nicht auf dem Außendeck) erlaubt waren, wie es zum Beispiel in Dänemark oder Schweden üblich ist. Dafür gab es einen separaten Raum mit Käfigen, Wasser und Trinknäpfen, hier hat Emma dann die Überfahrt verbracht. Alternativ hätten wir sie im Auto lassen können, dann aber vier Stunden nicht nach ihr schauen können, weshalb wir uns für den „Käfig“ entschieden haben. Nicht ganz so schön, schmälert aber nicht den positiven Gesamteindruck.

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Zum Glück ist Dina nicht dabei, sonst hätten wir jetzt ein Problem
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Emma mit Martin beim Arzt…

 

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4 Kommentare

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  1. *Schmacht* ❤

    Gefällt 1 Person

  2. Lieber Martin, zu deinem runden Geburtstag wünschen wir dir nachträglich ALLES ALLES Gute! Wir hoffen, du hast ihn schön gefeiert. Wir denken oft an dich und verfolgen eure Reise mit grossem Interesse. Immer wieder kommt die Frage „wo ist denn Martin gerade?“. Wir wünschen euch noch viele schöne und spannende Erlebnisse auf eurer Reise und hoffen auf ein gesundes Wiedersehen! Dein TFCS-Stuttgart-Team!

    Gefällt 1 Person

  3. Moin Moin

    Mit dem Jedermannsrecht seit ihr leider einem beliebtem Irrtum erlegen, denn das Jedermannsrecht gilt für
    diejenigen, die den Übernachtungsort aus EIGENER KRAFt erreicht haben, dh. ohne motorisierte Hilfe.
    http://www.forum.norwegen-freunde.com/viewtopic.php?f=9&t=14828&hilit=jedermannsrecht
    Es gilt also nicht nur den gebührenden den Abstand zu halten und seinen Abfall wieder mitzunehmen, sondern
    den Übernachtungsplatz auch zu Fuss zu erreichen, bzw. das Fahrzeug irgendwo auf einem Parkplatz an der
    öffentlichen Strasse stehen zu lassen und sich dann irgendwo etwas zu suchen.
    Auch bei „öffentlichen“ Strassen bewegt man sich schneller auf Privatgrund als man denkt. Auch diese Strassen
    sind nicht zur freien Durchfahrt freigegeben (Fragen kostet nix) und kann einem gerade in Südnorwegen schon
    mal am Morgen einen taktisch plazierten Traktor einbringen, der einem den Aufbruch erschwert.

    Mvh

    Cbo

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