Turkmenistan 🇹🇲 

Das Land, dessen Visa-Politik und -Bearbeitungsdauer uns fast in den Wahnsinn getrieben hätte, und uns von Anfang an irgendwie suspekt erschien – trotzdem waren wir glücklich überhaupt einreisen zu dürfen, denn offensichtlich gleicht der Erhalt eines Visums einem Vabanque-Spiel und unabhängig von Herkunft, Transportmittel etc. kann es klappen oder auch nicht. Wir hörten von großen Motorrad-Reisegruppen, bei denen offensichtlich willkürlich Visa erteilt oder abgelehnt wurden und das bei scheinbar gleichen Ausgangsvoraussetzungen.
Wie dem auch sei, am Mittag des 18. November erreichten wir den Grenzübergang bei Turkmenabat und machten uns an die zeitraubende Abwicklung der Grenzformalitäten. Auf usbekischer Seite lief alles relativ entspannt ab, es war auch wenig los. Allerdings wurden unsere Medikamente intensiver als bei der Einreise durchsucht und wir mussten zu jedem Medikament den Anwendungszweck nennen. Etwas unruhig wurden die Beamten als sie unsere Sammlung an Globuli in kleinen handbeschrifteten Glasampullen im Handschuhfach entdeckten, an die wir selbst nicht mehr gedacht hatten. Aber auch hier ließen sie sich durch die von uns willkürlich gewählten Anwendungsgebiete beruhigen. Etwas skurril wurde es, als die usbekische Grenzoffizierin in unserem Rucksack das Fernglas fand und es zunächst intensiv musterte ehe sie es vor die Augen hielt, um durchzuschauen und begeisterte Töne von sich gab – allerdings hielt sie das Fernglas falsch herum… Als wir ihr dann noch zeigten, wie es richtig funktioniert, wollte sie gar nicht mehr aufhören zu kichern und beobachtete ihre männlichen Kollegen bei den Fahrzeugkontrollen – sensationell!
Auf turkmenischer Seite wurden wir zunächst freundlich begrüßt und durften uns dann in die lange Schlange von LKW-Fahrern einreihen, die vor dem Bankschalter im Grenzgebäude wartete. Denn die Mitarbeiter an der Kasse halten strikt ihre Mittagspause von 12 – 14 Uhr ein, egal wie viele Menschen gerade auf die Abwicklung ihrer Formalitäten warten. Dass wir fast eine Stunde anstehen mussten, um dann am Bankschalter ca. 120 USD (Gebühren für 2 Personen, 1 Hund, Umweltsteuer für Auto und Hänger etc.) für unsere fünftägige Durchreise zu bezahlen war wirklich unverschämt – hinzukommen ja noch mehrere Hundert Euro an Konsulats- und Visa-Gebühren, die wir vorab bezahlt hatten. Bei dem Umsatz pro Reisenden erstaunt es uns, dass die turkmenische Regierung nur so restriktiv Visa vergibt…
Ebenfalls unverschämt empfanden wir die Fahrzeugkontrolleure – vor uns wurde ein türkischer LKW-Fahrer abgefertigt und wir hatten schon im Gebäude gesehen, wie er immer wieder Backschich zahlen musste, damit seine Papiere überhaupt bearbeitet wurden… Wie aber dann sein LKW auseinander genommen und ihm wirklich alles abgenommen wurde – Süßigkeiten, Getränke, Geld, Essen, Zigaretten… unglaublich. Als sie mit ihm fertig waren, standen die Grenzer erstmal lachend zusammen und rauchten – im gesamten Land sind Tabakwaren und Rauchen verboten, dies gilt aber offensichtlich nicht für Grenzpolizisten. Danach waren wir an der Reihe und die Jungs wollten ebenfalls Zigaretten von uns. Wir haben alles verneint und abgelehnt, einfach nur pflichtbewusst Auto und Hänger gezeigt und sie dabei nicht aus den Augen gelassen und so verloren sie ziemlich schnell das Interesse an uns. Emma durfte das Auto nicht verlassen, dafür musste sie sich im Auto mehrmals drehen, damit sie aus etlicher Entfernung von zwei Grenzpolizisten begutachtet werden konnte. Nach fast 5 Stunden waren wir dann am späten Nachmittag endlich im Land. 

LKW-Schlange an der turkmenischen Grenze
Unmittelbar nach der Grenze muss man auf dem Weg nach Turkmenabat über eine Ponton-Brücke fahren – für die man nicht nur in Dollar zur Kasse gebeten wird, sondern auch noch umständliche Formulare ausfüllen muss

Nachdem wir zuletzt mehrere Tage in Buchara verbracht hatten, wollten wir wieder einen Stellplatz in der Natur ansteuern und Turkmenabat schnell hinter uns lassen, zumal es hier augenscheinlich nicht viel zu sehen gab. Allerdings steuerten wir nach über 1000 km ohne offizielle Tankstelle zunächst noch die erste Tankstelle an und konnten glücklicherweise mit US-Dollar zahlen, denn turkmenische Manat hatten wir noch nicht. Später fanden wir heraus, dass dies offiziell nicht erlaubt ist und sogar mit einer Gefängnisstrafe für den Tankwart hätte enden können…. 

Wir fanden noch einen kleinen Supermarkt und deckten uns mit Lebensmitteln ein, hier wechselte ein Mann, der ebenfalls gerade am Einkaufen war, einige Dollar in Manat für uns und zeigte uns den Weg aus der Stadt. Denn trotz Navi hatten wir hier erstmals größere Schwierigkeiten den Weg aus der Stadt zu finden, zumal fast keine Straßenlampe funktionierte und es wirklich finster war. Schlussendlich fanden wir einen Stellplatz unweit der Straße inmitten der Wüste. Beim Abendspaziergang mit Emma hatten wir dann sogar Probleme wieder zurück zum Hänger zu finden, da es stockfinster war und kein Auto oder LKW auf der nahegelegenen Straße fuhr. 


Am nächsten Morgen trafen wir zwei Belgierinnen, die mit Fahrrad und Zelt unterwegs waren, es blieben auch die einzigen Reisenden bzw. Ausländer, die uns in Turkmenistan begegneten. Da uns mittlerweile eisige Temperaturen um den Gefrierpunkt und starker Wind eingeholt hatte, beneideten wir die beiden Mädels nicht…. 

Generell wirkten die Menschen in Turkmenistan auf uns sehr zurückhaltend aber freundlich und leider ergaben sich nur wenige Kontakte. 

Unser Weg führte uns knapp 200km weiter über eine schnurgerade Straße durch die Wüste und es gab einfach nichts außer Sand und Kamele. Fast 95% Turkmenistans werden von der Karakum-Wüste eingenommen.

Wir sammelten lediglich ein paar Karma-Punkte als wir einen im Sand stecken gebliebenen Lada mit unserer Winde herauszogen. 

Am frühen Nachmittag erreichten wir Merv – eine Stadt, die während der Blütezeit der Seidenstraße in einem Atemzug mit Bagdad und Samarkand zu nennen ist und von der heute leider nicht mehr viel zu sehen ist. Auf einem riesigen Areal verstreut findet man einige wenige restaurierte Gebäude und viele verfallene Ruinen. Ehrlich gesagt, waren wir ziemlich enttäuscht, müssen mit etwas zeitlichem Abstand aber auch eingestehen, dass nach den usbekischen Prachtstädten Buchara und Samarkand unser Urteilsvermögen vielleicht etwas geblendet war. 

Merv
Zumindest an einigen Ruinen passiert etwas – besonders erstaunt waren wir, das laut den Schildern offensichtlich die amerikanische Regierung finanziell engagiert ist…
Und das Lokalfernsehen ist auch vertreten und hat die beste Moderatorin geschickt. Die Frauen Turkmenistans tragen fast alle riesige und bunte Turbane.

Anschließend passierten wir die Großstadt Mary, die allerdings auch nicht viel Sehenswertes bot. 


So landeten wir am späten Nachmittag wieder in der Wüste und suchten uns schnell einen Stellplatz.
Seit unserer Einreise nach Turkmenistan zerbrachen wir uns den Kopf, ob wir es wagen sollten zum Tor der Hölle zu fahren oder nicht. Das Tor der Hölle ist ein riesiger Gaskrater mitten in der Wüste, der seit mehr als 40 Jahren ununterbrochen brennt – mit Sicherheit die Hauptattraktion Turkmenistans. Allerdings wurde uns bei der Einreise mehrfach erläutert, dass wir uns nur auf der Route zwischen den beiden festgelegten Grenzstationen bewegen dürfen und das Ganze wurde auch noch in unseren Einreise- und Zollpapieren schriftlich festgehalten. Der Gaskrater liegt aber 500km von unserer Strecke entfernt und wir müssten zusätzlich die Hauptstadt Ashgabat passieren, die ebenfalls nicht auf unserer Route liegt…
Für uns stand fest, dass wir es – wenn überhaupt – nur in einer Nachtfahrt wagen würden. Deshalb wollten wir die letzten 250km bis zur Exit-Grenzstation testen, wie intensiv die Polizei nachts kontrolliert. Also verließen wir gegen 1 Uhr nachts unseren Stellplatz und machten uns auf den Weg. Das Fahren bei Nacht war sehr anstrengend, da es keine Fahrbahnmarkierungen und kaum Beleuchtung gibt. Wir kamen an unzähligen Polizeikontrollen vorbei, wurden aber kein einziges Mal herausgewunken – allerdings gab es darüber hinaus ca. alle 40-50 km beleuchtete Kamerakontrollen. Somit kamen wir bei unserer Entscheidungsfindung nicht wirklich weiter, da wir vielleicht nur Glück hatten und nicht kontrolliert wurden beziehungsweise wir nicht einschätzen können, wie ernsthaft die Kameraüberwachung ausgewertet wird. Aber bei 1000 km Umweg, noch dazu zweimal durch die noch intensiver überwachte Hauptstadt, ist die Wahrscheinlichkeit doch ziemlich hoch, dass irgendein Polizist unsere Papiere checken will. Hinzu kam auch, dass wir so kurz vor Iran, einem unserer absoluten Highlights der Reise, keine Probleme mit der Polizei wollten… Mmh, verzwickte Situation und wir tun uns schwer mit einer Entscheidung. 
Die Natur hat uns dann eine Entscheidungshilfe geschickt – auch wenn wir uns diese so nicht gewünscht hatten. Am nächsten Morgen lag ich (Martin) mit Fieber und Magen-Darm flach und an eine Weiterfahrt war nicht zu denken. Somit verbrachten wir die restlichen 2.5 Tage unseres Turkmenistan-Aufenthaltes auf einem tristen Feld ca. 10 km von der Grenze entfernt und es wurde stündlich kälter, sodass wir auch tagsüber zweistellige Minusgrade hatten. Am 22. November mussten wir das Land verlassen und ich fühlte mich wieder einigermaßen fit für den nächsten Grenzmarathon.

Unser Stellplatz für die letzten 2.5 Tage
Ein paar Eindrücke aus dem letzten Dorf vor der Grenze – krasser Gegensatz zu dem offensichtlichen Wohlstand in den Städten
Abschied von Turkmenistan im letzten Krämerladen vor der Grenze, hier wurden wir noch reichlich mit frischem Obst und Gemüse beschenkt

5 Kommentare

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  1. Vielen Dank für eure Reiseinformationen. Hättet ihr bei der Visabeantragung die Wunschroute nicht angeben können? Weiterhin gute und sichere Reise, insbesondere durch die Osttürkei sowie Glück und Gesundheit im Neuen Jahr…
    Rolf

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    • Hi Rolf, vielen Dank für deine Wünsche und auch dir alles Gute für 2017!
      Bzgl der Turkmenistan-Route hast du absolut Recht, dass es am besten ist direkt bei der Visa-Beantragung die Wunschroute anzugeben. Bei uns war es leider etwas komplex:
      1. Turkmenistan stellt aktuell keine Transitvisa für den Grenzübergang Bajgiran (bei Ashgabat) aus – das hatte bei uns zu enormen Verzögerungen geführt, da wir diese Grenze eigentlich nehmen wollten und
      2. wir hätten auf usbekischer Seite bis Nukus fahren müssen, das sind von Osch ca 1500km, aber unser Dieselvorrat hätte nur für ca 1400km gereicht (und wir mussten davon ausgehen, dass wir in Usbekistan keinen Diesel kriegen…).
      Aus diesen Gründen haben wir uns für die Route über Turkmenabat und Mary entschieden.
      Die Türkei macht uns leider auch etwas Bauchschmerzen und wir wollen das Land so schnell wie möglich durchfahren – sehr schade. 😦
      Viele Grüße

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  2. Sabine Babilon 9. Januar 2017 — 21:10

    Hallo ihr Lieben!
    Auch wir wünschen Euch alles Gute für 2017!
    Das Jahr ist so schnell vorbei gegangen… Ihr habt soviel erlebt und so viele Menschen kennengelernt…
    Hier in Deutschland werdet ihr euch hoffentlich wieder zurechtfinden 😉 wenn ihren ein paar Wochen eintrudelt.
    Aber bis dahin wünschen wir euch eine gute Weiterreise und immer freundliche Menschen am Wegesrand.
    Gruß an Emma, sie kann sich gerne mal ein Leckerli im Sauerland abholen 🙂
    Liebe Grüße aus Falle
    Sabine & Martin

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    • Hallo ihr beiden,
      Auch wir wünschen euch alles Gute für das neue Jahr 2017 und freuen uns immer sehr von euch zu hören. Hoffentlich konntet ihr den Wintereinbruch zum Ski fahren oder Schneewandern nutzen!
      Mit dem Jahreswechsel rücken unsere Gedanken an die Rückkehr näher und wir sind selbst schon gespannt, wie schnell wir uns wieder an DE gewöhnen werden:-)
      Für Leckerli ist Emma immer zu haben …. wir auch ;))
      Liebe Grüße aus dem Nordiran
      Pia & Martin

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  3. Auf dem Titelbild, das Kamel links außen – führt das eigentlich Selbstgespräche?! 🤔

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