Unterwegs auf dem Pamir Highway

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Update 18. November – Die Ratte ist weg! Letzten Sonntag, nach etwas mehr als einer Woche, hat die Terror-Ratte endlich unser Auto verlassen. Nachdem alle anderen Mittel und Versuche fehlgeschlagen waren, war es schlussendlich das Gift, dass sie gefressen hat. Wir haben den Toyo komplett gereinigt und desinfiziert und fühlen uns langsam wieder wohler… Ganz herzlichen Dank für eure Tipps und Unterstützung! Noch heute verlassen wir Usbekistan in Richtung Turkmenistan.

Aufgrund der Verzögerungen des Turkmenistan-Visums hatten wir im Süden Kirgistans etwas mehr Zeit als ursprünglich geplant und wir nutzten diese unter anderem um den kirgisischen Teil des Pamirs zu erkunden. Da wir uns gegen ein Tadschikistan-Visum und für den Weg durch das Ferghana-Tal nach Usbekistan entschieden hatten, konnten wir zwar nicht den Kyzyl-Art-Pass über 4200m nach Tadschikistan überqueren, dennoch war es ein aufregendes Gefühl auf dem kirgisischen Pamir-Highway zu fahren. Der Highway gehört mit Sicherheit zu den berühmtesten und höchsten Straßen der Welt und verbindet Osch im Süden Kirgistans mit der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe. Wir passierten abgelegene, weltferne Ortschaften, erklommen 3700m hohe Pässe im Hochgebirge und genossen atemberaubende Aussichten.

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Der Pamir Highway
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Ganz klar Toblerone-Berge…

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Außerdem hatten wir das unglaubliche Glück von einer wahnsinnig netten Familie in ihr Haus eingeladen zu werden. Und dieser Einblick in das einfache und harte Leben der Menschen im Pamir gehört zu den ergreifendsten Erlebnissen der ganzen Reise bisher. Familienpapa Izturk hatte uns bemerkt, als wir uns außer Sichtweite des Dorfes für die Nacht einrichten wollten und er kam mit seinem Pferd vorbeigeritten und überzeugte uns impulsiv, dass wir bei ihm übernachten sollten. Schnell hatte er Pia sein Pferd vermacht und saß neben mir im Auto, sodass wir uns gemeinsam auf den Weg in sein Dorf machten. Seine Frau und die drei Kinder begrüßten uns sehr freundlich und führten uns in die Wohnstube (der einzige beheizte Raum ist somit Wohnzimmer, Küche, Schlaf-, Kinder- und Badezimmer in einem). Die Verständigung war schwierig, denn nur die kleinste Tochter Zuura kann ein paar Worte Englisch, der Rest waren ein paar Brocken Russisch von uns und Zeichensprache. Wir aßen gemeinsam zu Abend – es gab das traditionelle, kirgisische Brot, selbstgemachte Butter und Marmelade, Kefir, Früchte und ein Reis-Gemüsetopf mit Fleisch, den ich zumindest tapfer gelöffelt habe und seit über sechs Jahren das erste Mal wieder Fleisch gegessen habe… Es fühlte sich komisch an, aber es wäre meines Erachtens auch nicht möglich gewesen dieses Essen abzulehnen. Und einige unvermeidliche Gläschen Wodka erleichterten die Verträglichkeit.
Nach dem Essen genossen wir gemeinsam eine entspannte Zeit, wir spielten ein kirgisisches Brettspiel (eine Mischung aus Dame und Schach), die Kinder machten Hausaufgaben, Zuura kämmte Pia unzählige Male die Haare und insbesondere die Mama entwickelte eine Begeisterung für ein Spiel auf unserem Tablet. Mehrfach versuchte Izturk uns zu überzeugen mit im Haus zu übernachten. Aber wir wollten zum Einen Emma nicht alleine draußen lassen und zum Anderen hätte es mit Sicherheit dazu geführt, dass irgendjemand der Familienmitglieder woanders hätte übernachten müssen. Ursprünglich wollte Zuura bei uns im Hänger schlafen, aber sie hatte dann doch zu viel Angst vor Emma, sodass wir wie gewohnt zu dritt im Hänger waren.
Am nächsten Morgen waren wir während des Spaziergangs mit Emma die Attraktion im Ort, viele Menschen kamen aus ihren Häusern um uns zu beobachten, Fotos zu machen, befragten Izturk über uns, inspizierten Auto und Hänger und ein Mann überließ Pia sein Pferd und dessen Fohlen zum Reiten. Die Freundlichkeit und Herzlichkeit der Menschen ist immer wieder überwältigend.
Nachdem wir gemeinsam gefrühstückt hatten, verabschiedeten wir uns mit einigen Gastgeschenken und machten uns glücklich aber auch nachdenklich und bewegt auf unseren weiteren Weg.

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Das Abendessen
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Pia und Zuura
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Der Nachbar kam mit seinem kleinen Sohn vorbei und im Spiel hatte ich keine Chance gegen ihn
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Der Sohn unserer Gastgeber – er musste mit der älteren Schwester separat essen, nur Zuura durfte bei uns Erwachsenen dabei sein…
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Konzentriertes Spielen – unser Tablet blieb über Nacht bei der Familie und kam am nächsten Morgen mit leerem Akku zurück 😉
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Frisur Nr. 120?
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Morgens halb 8 – und die Jungs standen gut unter Strom…

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Beim Frühstück
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Ein Truthahn und zwei Küken gehören ebenfalls zur Familie
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Das einzige Pferd der Familie wurde aus dem Stall ins Dorf hinaus getrieben und kommt gegen Abend selbst wieder nach Hause

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Über Sary-Tasch, wo sich die Wege nach China, Tadschikistan und Osch kreuzen, kamen wir in ein 20km breites Trogtal auf 3000m Höhe, das von 6000-7000m hohen Bergen auf der Nord- und Südseite flankiert ist. Auf der Südflanke, die zugleich die Grenze nach Tadschikistan ist, liegt der Pik Lenin – mit 7134m der höchste Berg Kirgistans. In der Nähe des ersten Basecamps auf ca. 3500m campten wir für zwei Nächte im tiefen Schnee und genossen die winterliche Gebirgslandschaft. In der zweiten Nacht wurden wir von merkwürdigen Geräuschen, einem wackelnden Hänger und einer wild bellenden Emma aus dem Schlaf geschreckt – nach einer kurzen Schrecksekunde und dem ersten klaren Gedanken, das hier oben kein Mensch sein kann, brachte ein Blick mit Taschenlampe aus dem Fenster schnell Klarheit: die unzähligen Augenpaare einer riesigen Yak-Herde starrten uns erschrocken an. Die Herde hatte es sich um uns herum bequem gemacht und einigen von ihnen waren Toyo und Hänger wohl eine willkommene „Kratzbürste“. Es kostete uns einige Mühen die Tiere immer wieder aufs Neue zu verscheuchen und am nächsten Morgen erinnerten uns nur noch unzählige Tretminen an unsere nächtlichen Besucher….

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Manchmal fiel es schwer sich auf die Straße zu konzentrieren

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Zeitweise waren die Straßen spiegelglatt

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Die LKWs haben mit den Bedingungen zu kämpfen
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in Sary-Tasch

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Der Weg zum Pik Lenin Basecamp

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Fast alle kirgisischen Kinder und Jugendlichen haben es faustdick hinter den Ohren und beherrschen beachtliche englische Schimpfwörter – und Bastian Schweinsteiger und Bayern München kennt eigentlich jeder
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Er könnte ja irgendwann nochmal nützlich sein
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Kurz vorm Basecamp kamen wir in Schnee und Eis mit dem Auto nicht mehr weiter und bauten unser eigenes Camp für zwei Nächte auf

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Kohle ist der wichtigste Energieträger in der Region

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Ein weiteres Highlight im Pamir war eine geführte Reit-Tour, die wir über das CBT-Netzwerk (CBT = Community Based Tourism) organisiert hatten. Nicht nur, dass es hervorragend funktioniert hat Emma neben dem Pferd laufen zu lassen und wir tolles Wetter hatten, wir wurden sogar im Anschluss von unserem Guide zum traditionellen Tee, Kefir und Brot eingeladen. Er ist 22 Jahre alt, verheiratet, hat zwei Kinder und bereits ein Haus gebaut – da ist es schwer verständlich, dass wir in unserem Alter unverheiratet und ohne Kinder durch die Welt tingeln 😉

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Der Sohn unseres Guides empfängt uns

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Als wir anschließend mal wieder in Osch landeten, nutzten wir die Gelegenheit bei Vladis Workshop eine gerissene Achsmanschette vom Toyo tauschen zu lassen. Die Werkstatt in einem abgelegenen Hinterhof war schwer zu finden, aber die Jungs von Vladi sind gute Mechaniker und selbst begeisterte, verrückte Offroader und zeigten uns Videos ihrer letzten Touren, bei denen es unter anderem einen ihrer Kumpels aufs Dach gelegt hat.

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Straßenverkäufer bei Osch
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Wenn man im Taxi mal wieder seine Leiter dabei hat…
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Unser Stellplatz im Innenhof vom BIY Ordo Guesthouse
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Einkaufen auf dem Osch Basar

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Sie versicherte mir noch, dass ihre Samsas (gefüllte Teigtaschen) vegetarisch seien, aber als ich hineinbiss hatte ich den Mund voller Fleisch – den Rest liess sich Emma schmecken! Verkauft wird übrigens häufig aus alten Kinderwägen

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Gewürze, Gewürze, Gewürze
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Wer erinnert sich noch an unseren Post über die verrückte koreanische Familie, die wir versuchten aus dem Sand der Insel Olchon am Baikal zu befreien? – Sie haben es zwischenzeitlich auch nach Kirgistan geschafft und wir treffen uns zufällig in Osch wieder
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Und der schöne Bus fährt auch noch – trotz zwischenzeitlich gebrochener Aufhängung in Kasachstan…
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Blick vom Sulayman-Too über Osch
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Der Sulayman-Too ist der heilige Berg und das Wahrzeichen von Osch
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Wer über die Steine rutscht, darf sich etwas wünschen

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„Stilvolle“ Hochzeitsfahrzeuge gibt es in Kirgistan en masse
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Das beste Cafe in Osch – Brio!

In den nächsten Tagen kämpfen wir uns gestresst und entnervt durch das Durcheinander von Turkmenistan-Visa, Ratte im Auto und DHL-Versand bis wir endlich am Samstag, den 12. November, die gefürchtete Grenze nach Usbekistan passierten…

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Hinter dieser unscheinbaren Tür des DHL-Büros in Osch konnten wir endlich unsere Pässe in Empfang nehmen
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Und lassen ein letztes Mal den Toyo reinigen, bevor es nach Usbek geht

Weitere Schnappschüsse:

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Ein Junge auf dem Weg zum Wasserholen mit seinem Esel
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Übernachtung im Pamir

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Am Vorabend der unheilvollen Ratten-Invasion genossen wir an diesem tollen Stellplatz ein schönes Abendessen…
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… mit anschließendem Lagerfeuer gegen die eisigen Temperaturen

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Durch Zufall werden wir im Pamir Zuschauer eines grandiosen Spektakels – dem Buzkaschi, das ursprünglich aus Afghanistan kommt
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Ein Wettkampf mit unzähligen Reitern, bei dem es das Ziel ist eine tote Ziege an sich zu nehmen und sie zum Preisrichter zu bringen

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Er ist gerade auf dem Weg zu einem Punktgewinn
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Es spielt jeder gegen jeden und eigentlich ist alles erlaubt

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9 Kommentare

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  1. Hallo Ihr 2, wieder ganz tolle Bilder! Mittlerweile wissen wir, dass ihr gut im Iran gelandet seid. 🙂
    Eure Reise und unsere gemeinsamen Tage am Baikalsee, haben letztendlich den Ausschlag gegeben, uns nun auch ein Reisemobil anzuschaffen. Es ist nun ein gebrauchter Mercedes Kastenwagen geworden . Unser “ Bernd “ wird hoffentlich auch so ein treuer Reisebegleiter werden. Wo sollen wir euch abholen ? 🙂 🙂 🙂
    Passt weiterhin gut auf euch auf, unsre Gedanken sin oft bei euch!
    Liebe G. Hartmut und Sylvia

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  2. Sabine & Martin Babilon 30. November 2016 — 23:16

    Hallo ihr beiden, oh sorry, Emma, … ich vergaß…
    Ich lese Martin euren Blog vor und sofort ist man(n) (Frau) sofort wieder in Urlaubsstimmung.
    Hier im Sauerland ist es inzwischen auch ein wenig kälter geworden – wir schaffen bis -10° C in der Nacht.
    Bald ist Weihnachten und ihr steckt im Nirwana. Bleibt gesund und erhaltet euch euren Offenheit gegenüber anderen. Einen guten Weg und immer festen Boden unter den Reifen wünschen euch Martin und Sabine (Petrosawodzk, RUS)

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    • Hallo Sabine und Martin,
      Wie schön von euch zu lesen! Hoffentlich geht’s euch gut in der Vorweihnachtszeit und ihr schmiedet schon kräftig Pläne, wo es nächstes Jahr mit dem Bulli hingeht?!
      Wir sind zwischenzeitlich in Iran und hatten hier die letzten 1.5 Wochen Temperaturen um die 25 Grad. Nicht nur deswegen kommt wohl wenig Weihnachtsstimmung auf dieses Jahr… Dafür genießen wir die wunderbare Gastfreundschaft! 🙂
      Alles Liebe und bis bald!

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  3. Wow, ihr macht auf den Pferden aber mal eine richtig gute Figur – neue Leidenschaft entdeckt? 🐎😉

    …der pferdewettkampf kommt mir irgendwie aus nem amerikanischen Action-Streifen aus den 90ern bekannt vor, verrückt dass es das wirklich gibt😊

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    • Wie gesagt, so Pferdetouren können wir nur empfehlen! 😁 Hat uns auch wahnsinnig viel Spaß gemacht. Aber Galopp ist als ungeübter Reiter schon ne Herausforderung. Haha
      Der Pferdewettkampf war wirklich skurril und als Außenstehender kaum zu durchschauen- aber die geniale Stimmung hat uns gefesselt.

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  4. Einfach immer wieder atemberaubende Eindrücke die ihr mit uns teilt…Strahlende Augen, Gänsehautgefühl, stoppender Atem,

    Danke 😊

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